Berlin. Nach dem Test der neuen elektronischen Patientenakten (ePA) in drei Regionen kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen stufenweisen Rollout der ePA an.
Bei der Fachmesse DMEA am Dienstag (8.4.) in Berlin sagte er, er gehe davon aus, “dass wir in den kommenden Wochen in eine Hochlaufphase außerhalb der Modellregionen eintreten können”.
Auf Anfrage teilt das Bundesgesundheitsministerium gegenüber Hausärztliche Praxis mit: Den Praxen wird zunächst Zeit gelassen, die entsprechende Technik zu installieren. Dann folge die verpflichtende Anwendung, die in einem dritten Schritt sanktionsbewährt sei.
Politik zieht offenbar Reißleine
Das heißt, so das BMG weiter: Die ePA bleibt für Patienten freiwillig, für Ärzte wird die Nutzung nach einer Übergangszeit Pflicht.
“Dass die ePA aktuell noch nicht so weit ist, um bundesweit ausgerollt zu werden zu können, ist offensichtlich. Zum einen läuft die Anwendung selbst nicht stabil. Zum anderen sind einige PVS-Hersteller bis heute nicht in der Lage, die ePA vernünftig umzusetzen. Nach vielen Jahren der Entwicklung und den zum Teil euphorischen Versprechungen von gematik und Co. ist das ernüchternd. Gleichzeitig ist es positiv, dass die Politik anscheinend jetzt die Reißleine zieht und von einer sofortigen, flächendeckenden Einführung absieht”, erklärt Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes am Mittwoch (9.4.)
Minister zufrieden mit Testverlauf
Der Minister äußerte sich auf der Messe zufrieden mit dem Verlauf der Tests. In den Modellregionen würden etwa 280.000 ePA pro Woche geöffnet. “Die Erfahrungen sind im Großen und Ganzen positiv.”
Zudem sei es gelungen, Sicherheitsprobleme für den Massenzugriff zu lösen, die der Chaos Computer Club herausgearbeitet habe. Lauterbach betonte: “Sicherheit geht immer vor.”
AOK enttäuscht
Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) äußerten sich enttäuscht, dass jetzt kein konkreter Starttermin zur bundesweiten Ausdehnung genannt wurde.
Kritisch zu sehen sei auch die Freiwilligkeit für Ärztinnen und Ärzte, ePAs zu befüllen.
“Die bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass wir verbindliche Fristen und Vorgaben brauchen, um bei der konkreten ePA-Einführung endlich voranzukommen”, sagte die Chefin des Bundesverbands, Carola Reimann.
Kassen sollen zu ePA besser informieren
Die Vorwürfe der AOK kann der Hausärztinnen- und Hausärzteverband nicht nachvollziehen. Buhlinger-Göpfarth: “Was wir in den Praxen erleben, ist, dass bei den Patientinnen und Patienten bisher quasi keine Informationen zur ePA angekommen sind. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Krankenkassen gewesen! Statt jedoch aktiv zu informieren, beschränken diese sich bisher darauf, ein halbherziges Schreiben an ihre Versicherten zu versenden, in welchem sie das Blaue vom Himmel versprechen und es es ansonsten der Ärzteschaft überlassen, die Patientinnen und Patienten zu informieren. Das ist Arbeitsverweigerung auf dem Rücken der Praxen!”
Bei Umfragen der Hausärztlichen Praxis in einigen ePA-Testpraxen hatten Ärzte starke Bedenken wegen eines bundesweiten Rollouts im April geäußert.
“Als Hausärzteschaft haben wir die ePA für alle immer unterstützt. Klar muss aber sein: Eine solche Anwendung kann erst verpflichtend eingeführt werden, wenn sie stabil läuft. Das ist derzeit nicht der Fall”, betont Buhlinger-Göpfarth. (mit Material von dpa)
Der Beitrag wurde am 9.4.2025 um 11.30 Uhr aktualisiert