*Künftig soll man ab 18 Jahren einmalig zum Check-up gehen können. Der Hausärzteverband sieht diese Ausweitung kritisch. Was meinen Sie?*
PD Dr. med. Guido Schmiemann: Ich halte es für nicht effektiv, die GU in der jetzigen Form auf die 18-Jährigen zu übertragen. Denn die Erkrankungen, die wir damit untersuchen, spielen bei den 18- bis 35-Jährigen von der Prävalenz keine Rolle. Wenn wir aber die GU zum Anlass nehmen, einmalig in dieser Altersgruppe nachzusehen, etwa ob kardiovaskuläre Risikofaktoren, Süchte oder eine Depression vorhanden sind, könnte ein “Check-up 18” durchaus sinnvolle Ergebnisse bringen.
Ärzte sollen nun auch den Impfstatus erfragen.
Das ist gerade bei den 18-Jährigen wichtig. Denken Sie an die wieder häufigeren Masernausbrüche: Diese sind auf Impflücken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zurückzuführen. Bei ihnen sind die Impfungen im Kindesalter länger her, man vergisst Auffrischungen. Bei der GU auf präventive Maßnahmen wie Impfungen hinzuweisen, ist sinnvoll. Welche Konsequenzen man zieht, muss man dann im Einzelnen bewerten.
Wie sollte eine GU ab 18 denn in der Hausarztpraxis ablaufen?
Es sollte ein Gesundheitsgespräch sein. Dabei können Ärzte für das jeweilige Alter hochprävalente Erkrankungen thematisieren wie problematischer Medienkonsum, Tabak- und Alkoholkonsum oder andere Drogen, aber auch allgemeine psychosoziale Belastungen etwa durch Ausbildung oder Studium, das ist auch ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Erfragt man mal solche Aspekte, ist das eine gute Chance.
Das IQTiG soll nun die Akzeptanz der GU evaluieren. Ist das die Evaluation, die wir brauchen?
Allein die Akzeptanz zu evaluieren, halte ich für nicht ausreichend. Vielmehr sollten wir Nutzen und mögliche Schäden evaluieren. Handelt es sich um eine Investition im Gesundheitswesen, die einen Effekt zeigt? Werden Leistungen zwar akzeptiert, aber nicht von einem Nutzen begleitet, schießen wir am Ziel vorbei.
Im Vorfeld war besonders die Aufnahme neuer Labordiagnostik umstritten. Dazu zählte die Bestimmung des HbA1c – die jetzt wohl kommen soll. Allerdings hat G-BA-Chef Hecken das in der jüngsten Sitzung zurückhaltender gesehen. Für wen wäre dies bei der GU aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Anders gefragt: Was nutzt es, wenn wir statt des Nüchternzuckers den HbA1c verwenden? Ich glaube nicht, dass wir dadurch so viele Erkrankte mehr oder früher entdecken, dass das die massiv steigenden Kosten rechtfertigt. Momentan finden wir diejenigen vielleicht etwas später, aber das schränkt weder die Qualität noch die Prognose ein. Ich sehe keinen Grund für die Bestimmung des HbA1c, das ist auch die Position der DEGAM. Der Nutzen eines Screenings asymptomatischer Patienten – also in der Regel diejenigen, die an der GU teilnehmen – auf Diabetes ist nicht belegt.
Heftig gestritten hat der G-BA um die systematische Erfassung des kardiovaskulären Risikos nach gängigen Leitlinien, sofern dies indiziert ist. Wie sieht hierzu der Vorschlag der DEGAM aus?
Automatisch bei allen ab 18 Jahren das kardiovaskuläre Risiko zu bestimmen, wäre zu viel des Guten und wenig effektiv. Hausärzte kennen oft, ganz ohne Labordiagnostik, die wichtigen Risikofaktoren. Sehe ich also, dass das Risiko erhöht ist, sollte man das über ein Instrument wie arriba quantifizieren. Dann plädiert die DEGAM dafür, das HDL einzubeziehen, um das Risiko genauer zu bestimmen. Die Leitlinie zur kardiovaskulären Prävention führt das näher aus. Sie rät aber etwa auch, die Blutfette erst ab dem 55. Lebensjahr zu bestimmen.