Bei einer bettlägerigen 80-jährigen Patientin (Diagnosen: Multiple Sklerose, Niereninsuffizienz) trat im August 2024 erstmals eine auffällige Hautrötung am linken Oberschenkel in Dekubitusnähe auf. Wir vermuteten zunächst eine Wundinfektion und stellten die Verbandsmaterialien auf antiseptische Materialien um.
Dennoch breitete sich die Rötung innerhalb von wenigen Tagen rasant auf den gesamten Körper aus. Die obersten Hautschichten lösten sich an beiden Gesäßhälften großflächig ab, die Hände schwollen an und waren ebenfalls gerötet. Hinzu kam eine massive gelb-grünliche Wundsekretion, die Unterlage im Bett musste viermal täglich gewechselt werden. Wundabstriche waren ohne Keimnachweis.
Erste Klinikeinweisung
Da bei einem früheren Wundabstrich Pseudomonas aeruginosa angezüchtet worden war, begannen wir eine orale Antibiotikatherapie mit Ciprofloxacin; diese brachte keine Besserung. Daraufhin entschieden wir uns für eine Klinikeinweisung zur i.v.-Antibiose bei Verdacht auf ein großflächiges Erysipel.
Unter Meropenem kam es zu einem schnellen Rückgang der Symptomatik, nach zwölf Tagen erfolgte die Entlassung nach Hause. Die Haut war trocken und schälte sich am gesamten Körper, besonders beeindruckend auch an den Händen (s. Foto oben).
Verdacht auf SSSS
Nach intensiven Internetrecherchen kamen wir auf die Verdachtsdiagnose eines Staphylococcal scalded skin syndrome (SSSS). Dieses ist im Erwachsenenalter sehr selten (s. Kasten unten) und hier vor allem bei Niereninsuffizienz möglich (die GFR der Patientin lag bei 40 ml/min).
Nach vier Wochen traten die Symptome erneut auf; innerhalb weniger Tage kam es wieder zu einer großflächigen Hautrötung. Diesmal gelang der Nachweis des Staphylococcus aureus im Wundabstrich. Eine zunächst orale testgerechte Antibiotikatherapie mit Amoxicillin/Clavulansäure war wieder ohne Erfolg.
So blieb nur die erneute Klinikeinweisung für eine Staphylococcus-aureus-spezifische i.v.-Antibiotikatherapie mit Cefazolin. Darunter Besserung, aber keine Heilung. Entlassung nach 16 Tagen, erneute Einweisung nach Wiederaufflammen nach vier Tagen. Zum dritten Mal bekam die Patientin eine i.v.-Antibiotikatherapie, wiederholt mit Cefazolin i.v..
Sicherung der Diagnose
Eine histologische Diagnosesicherung erfolgte während des dritten Krankenhausaufenthalts durch eine Hautbiopsie, bei der sich typisch die isolierte Abhebung des Stratum corneum zeigte, beweisend für das SSSS.
Differenzialdiagnostisch kam klinisch die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) infrage (histologisch mit typischen Zellnekrosen, hier nicht vorliegend). Diese hätte als Therapieoption Cortison nach sich gezogen, was beim SSSS jedoch kontraindiziert ist.
Die Patientin wurde nach erneuten 16 Krankenhaustagen mit weiterhin leichter Wundsekretion nach Hause entlassen. Nach nun zusätzlicher Gabe von Cotrimoxazol oral für 14 Tage ist die Haut komplett geschlossen.