Leserfrage von Dr. Werner Jerusel, Facharzt für Allgemeinmedizin in Kitzscher:
Am 1. April 2025 habe ich meine Arztpraxis verkauft und meine Tätigkeit als Kassenarzt beendet. Welche Betriebsausgaben sind nach diesem Datum noch steuerlich absetzbar, auch wenn aktuell keine ärztliche Tätigkeit ausgeübt wird und somit kein Honorar eingeht – außer der Restzahlung aus dem 1. Quartal 2025?
Kann ich Weiterbildungskosten inkl. Reisekosten, Werbungskosten, Bewirtungskosten angeben? Reicht es aus, wenn ich an einigen Tagen im restlichen Jahr 2025 als Arzt tätig bin, um o.g. Kosten in Ansatz zu bringen?
Antwort von Steuerberater André Meister
Hat ein niedergelassener Arzt seine Praxis veräußert und übt danach keine ärztliche Tätigkeit mehr aus, können ab dem Verkaufsdatum in der Regel keine Betriebsausgaben mehr steuerlich geltend gemacht werden.
Mit der Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit entfällt die betriebliche Veranlassung für weitere Aufwendungen. Ausgaben, die nach dem Praxisverkauf anfallen – etwa Fortbildungskosten, Reisekosten oder Bewirtungskosten – gelten dann als Ausgaben der privaten Lebensführung und sind nicht abzugsfähig.
Eine Ausnahme sind lediglich solche nachträglichen Betriebsausgaben, die noch in direktem Zusammenhang mit der ehemaligen Praxis stehen. Dazu zählen insbesondere fortlaufende Kosten oder Verbindlichkeiten, die aus der Praxisabwicklung resultieren.
Zum Beispiel dürfen weiterhin Schuldzinsen für frühere Praxiskredite als nachträgliche Betriebsausgaben abgezogen werden, sofern diese Darlehen nicht vollständig durch den Veräußerungserlös getilgt werden konnten.
Auch weitere Abwicklungskosten wie etwa Rechts- und Beratungskosten für die verkaufte / aufgegebene Praxis sind als nachträgliche Betriebsausgaben abzugsfähig.
(Stundenweise) Weiterarbeit: Ein entscheidender Unterschied
Anders stellt sich die Situation dar, wenn die ärztliche Tätigkeit in geringem Umfang fortgeführt wird. Bleibt der Praxisinhaber oder die -inhaberin nach dem Verkauf weiterhin freiberuflich ärztlich tätig – etwa durch Vertretungsdienste oder die Behandlung einiger Privatpatienten – besteht die Einkunftsart “selbstständige Arbeit” fort.
Die neu veranlassten betrieblichen Aufwendungen erhalten in diesem Fall wieder einen beruflichen Zusammenhang und können weiterhin als Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden.
Dazu zählen auch Fortbildungskosten, Fachliteratur, Praxiswerbung oder beruflich veranlasste Bewirtungen (letztere sind gesetzlich nur zu 70 Prozent abzugsfähig) – vorausgesetzt, sie dienen der verbleibenden ärztlichen Tätigkeit.
Wichtig im Zusammenhang mit den Steuervergünstigungen für Praxisverkäufe (z.B. dem Veräußerungsfreibetrag nach Paragraf 16 Abs. 4 EStG oder dem ermäßigten Steuersatz nach Paragraf 34 EStG) ist, dass diese durch eine geringfügige Weiterführung der ärztlichen Tätigkeit nicht verloren gehen. Die Finanzverwaltung akzeptiert bis zu 10 Prozent des früheren Jahresumsatzes als unschädlichen Umfang weiterer Umsätze.
Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass sogar die Behandlung neuer Patienten innerhalb dieser 10-Prozent-Grenze zulässig ist, ohne die Steuervergünstigung auf den Veräußerungsgewinn zu gefährden.
Nicht veräußertes Anlagevermögen: Was passiert mit dem Praxis-PKW?
Bleibt ein zum Betriebsvermögen gehörender PKW nach dem Praxisverkauf in Ihrem Privatbesitz, gilt er steuerlich als entnommen.
Die Entnahme wird zum Teilwert (aktueller Marktwert) bewertet (Paragraf 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Differenz zwischen dem Teilwert und dem vorhandenen Buchwert erhöht den Aufgabe-/Veräußerungsgewinn und ist im Jahr der Praxisabgabe zu versteuern.
Haben Sie den PKW seinerzeit mit Vorsteuerabzug angeschafft, löst die Entnahme zudem eine unentgeltliche Wertabgabe nach Paragraf 3 Abs. 1b UStG aus: Auf die Entnahme ist Umsatzsteuer abzuführen.
Führen Sie Ihre ärztliche Tätigkeit in kleinem Umfang fort und bleibt der PKW im (Rest-)Betriebsvermögen, entfällt die Entnahmebesteuerung – die laufenden Kosten und Abschreibungen sind dann weiterhin ganz oder anteilig als Betriebsausgaben abzugsfähig.
