EBM und HZVMit Ziffernketten läuft die Abrechnung wie am Schnürchen

Ob neuer Patient, Chroniker, Laborleistungen – für die gängigsten Abrechnungsfälle hat Melanie Kern-Glück Ziffernketten im Praxisverwaltungssystem (PVS) hinterlegt, die ihren Kolleginnen die ­tägliche Abrechnungs­arbeit erleichtern.

Kommt etwa ein Chroniker in einem neuen Quartal in die Praxis, öffnen sich automatisch in einem PVS-Fenster Abrechnungsziffern – etwa die Versicherten- (03000 EBM) und Chronikerpauschale (03220 EBM).

Wenn der Patient die Praxis verlässt, macht die Praxismitarbeiterin jeweils ein Häkchen bei der passenden Ziffer.

Wird jedoch nur ein Rezept ausgestellt und es kommt zu keinem Arzt-Patienten-Kontakt kann nur die 01430 angesetzt werden, sagt Kern-Glück.

Beim zweiten Praxisbesuch sind es dann andere Ziffern, die im System hinterlegt und der Praxismitarbeiterin angeboten werden.

Zusätzliche Infos zu Ketten

Eine weitere Ziffernkette ist zum Beispiel für die Gesundheitsuntersuchung, die mit dem Hautkrebsscreening, der Beratung zur Organspende oder Arriba verknüpft ist, im System hinterlegt.

Personen ab 50 werden einmalig zur Koloskopie beraten. Für Impfungen gibt es ebenfalls Ketten – Diphtherie, Tetanus, Grippe… neben den Impfziffern, die aufploppen, wird auch die Diagnose abgefragt und ob in den linken oder rechten Oberarm ­geimpft wurde.

Zu den Impftagen der Praxis, die im Herbst stattfinden, gibt es ebenfalls Ziffernketten und Abfragekästchen: Grippeimpfung, Coronaimpfung, Grippe mit Corona, Chargennummer etc.

Blick auf Standardprozesse

Checklisten unterstützen das Team zusätz­lich, damit zum Beispiel die Gesundheitsuntersuchung von jeder Ärztin oder jedem Arzt in der Praxis standardmäßig gleich abläuft und alles, was ­ansteht, erledigt wird.

Auch für die Op-Vorbereitung gibt es eine Checkliste fürs Team: EKG, Blutdruck, Größe, Gewicht und Urin stehen auf dem Plan.

Ebenso kommen Ziffern – etwa Laborausnahmekenn­ziffern für den Wirtschaftlichkeitsbonus – automatisiert auf den Schein. „Die Zeit soll so effizient wie möglich eingesetzt werden“, sagt Kern-Glück.

Ansonsten wäre die Arbeit nicht mehr zu schaffen: erst kürzlich haben in der Nähe zwei Hausarztpraxen ohne Nach­folger geschlossen. In Kern-Glücks ­Praxis wird noch ärztliche und nichtärztliche Unterstützung gesucht.

Die Praxis ist mit einem Arzt und fünf angestellten Ärztinnen und Ärzten sowie acht MFA – teils mit weitergehenden Qualifikationen (zwei davon in Vollzeit, andere in Teilzeit) – derzeit unterbesetzt.

Zudem hat Kern-Glück Abrechnungstabellen passend zum Arbeitsplatz angefertigt und ausgedruckt (z.B. Labor Tab. 1), die auch die unterschiedlichen Modali­täten der Hausarztverträge (HZV) abbilden.

Leistungen, die über die KV Bayerns (KVB) abgerechnet werden, stehen in der zweiten Spalte. Bei den jeweiligen Kassen ist dann abgebildet, ob die Leistung über die KVB abgerechnet werden muss oder ob sie in der HZV-Pauschale enthalten ist.

Diese Abrechnungstabellen, die auf der Webseite des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes zu finden sind, hat Kern-Glück mit eigenen Notizen erweitert.

Im Homeoffice effizienter

Im Nachgang kontrolliert sie täglich die Abrechnung auf vergessene Ziffern, feh­lende Diagnosen oder nicht angelegte HZV-Scheine. Das, so ihr besonderer Tipp, erledigt sie mittlerweile komplett im Homeoffice. „Hier bin ich dreimal effizienter als in der Praxis“, sagt sie.

Zuvor hatte sie im Wechsel mal in der Praxis, mal im Homeoffice die Abrechnung kontrolliert – im Homeoffice kann sie viel konzentrierter arbeiten.

Beim Überprüfen der Abrechnung – in sechs Stunden checkt Kern-Glück etwa anderthalb Tage („Am Anfang des Quartals dauert es immer etwas länger, zum Ende hin schaffe ich mehr“) – schaut sie nicht nur nach möglicherweise vergessenen Ziffern, sondern auch, ob etwas in der Dokumentation fehlt.

Die Ärztinnen und Ärzte der Praxis rechnen keine Ziffern ab, das alles erledigt das Team oder Kern-Glück. Anhand der Dokumentation und den abgerechneten Ziffern überprüft Kern-Glück, die auch die meisten der Patientinnen und Patienten kennt, ob etwa die Abrechnung der Gesprächsziffer häufiger möglich ist, da die Beratung über 20 Minuten gedauert hat.

Auch fragt sie mitunter bei den Ärzten nach, wenn etwas in der Abrechnung unlogisch erscheint oder zum Beispiel eine Diagnose fehlen könnte. Dabei kennt sie auch die Ärztinnen und Ärzte und deren Spezialitäten – etwa beim Vergessen – schon ziemlich gut.

Bei Palliativ- und Onkologiepatienten prüft sie die Abrechnung noch mal im Besonderen, da die Konstellationen oft schwierig und die Abrechnung komplex ist.

Häufig, sagt sie, wird bei Hausbesuchen von Palliativpatienten zum Beispiel der Zuschlag 03372 EBM vergessen.

Auch in der HZV ist hier in der Regel ein Zuschlag zusätzlich abrechenbar. Ein weiterer häufiger Fehler: Für einen HZV-Patienten wurde kein zweiter Schein (KVB-Schein) angelegt.

Dieser ist aber sehr wichtig für die Berechnung der Vorhaltepauschale, die Berechnung des NäPA-Zuschlags und des Laborwirtschaftlichkeitsbonus.

Vor der Abgabe der Abrechnung führt Kern-Glück noch einmal Prüfläufe durch. Dank der Ziffernketten und der Nachbearbeitung findet sich nur weniges, das noch verbessert werden kann.

So werden meist nur zwei bis vier Fälle gefunden, bei denen der Eintrag der Chronikerziffer vergessen wurde.

Melanie Kern-Glück ist MFA, VERAH, NäPA und BEAH. Seit 2014 ist sie in einer Hausarztpraxis mit dem Schwerpunkt Abrechnung beschäftigt. Seit 2018 ist Kern-Glück Referentin beim Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverband.