Vor 100 Jahren starb Oskar Panizza. Er war einer der am meisten umstrittenen deutschen Autoren und zudem Arzt. Der "Irrenarzt" wurde später selbst Patient in der Psychiatrie.
Arzt und Autor, Häftling und Psychiatriepatient: Oskar Panizza (1853–1921).
“Oskar Panizza (1853-1921) war einer der kontroversesten Autoren seiner Generation. Bereits zu seinen Lebzeiten ebenso bewundert wie umkämpft – international steckbrieflich gesucht, zensiert, angeklagt und inhaftiert –, provozierten seine Texte über seinen Tod hinaus: Nachlassverwalter verschlossen sie vor der Öffentlichkeit, Nationalsozialisten instrumentalisierten sie, Gerichte verboten sie, teils bis in die 1990er Jahre hinein.
Die breite öffentliche Anerkennung, die prominente Fürsprecher wie Kurt Tucholsky, Karl Kraus und Lion Feuchtwanger, Walter Benjamin, George Grosz und Heiner Müller prophezeiten oder forderten, blieb jedoch aus.
Stattdessen verstellt seine scharfzüngige Kritik an Kirche, Staat und Gesellschaft oft bis heute den Blick auf das ästhetische Potenzial seines Werks, das auch 100 Jahre später nichts an Relevanz und Diskussionsbedarf eingebüßt hat.”
Mit diesen Worten wird eine digitale Ringvorlesung zum 100. Todestag von Oskar Panizza eingeläutet, der nicht nur einer der am meisten umstrittenen deutschen Autoren war, sondern auch Mediziner.
Sein Leben war so bewegt und unkonventionell wie sein Schreiben. Panizza wurde 1853 in Bad Kissingen geboren als viertes Kind eines tief katholischen Vaters und einer vehement pietistisch-protestantischen Mutter.
Dieser heftig ausgetragene konfessionelle Konflikt prägte die frühen Jahre des Jungen. Und er hat wohl auch dazu geführt, dass Panizza sich später als Atheist bezeichnete und alles Kirchliche ablehnte, ja schmähte und bekämpfte.
Der junge Mann brach die Schule ab und versuchte sich in verschiedenen Berufen sowie als Soldat. Um Medizin studieren zu können, machte er 1876, im Alter von 23 Jahren, das Abitur nach. Panizza studierte in München Medizin, mit großem Erfolg.
Er wurde Assistent von Hugo von Ziemssen, dem Pathologen und Direktor des städtischen Klinikums links der Isar in München. 1880 wurde er summa cum laude bei diesem promoviert, sogar noch bevor er sein Staatsexamen abgelegt hatte.
Von 1882 bis 1884 arbeitete er als Assistenzarzt zweiter Klasse an der Oberbayerischen Kreis-Irrenanstalt in München. Sein Chef war Bernhard von Gudden, der Arzt von König Ludwig II., der dann zusammen mit diesem im Starnberger See ertrank – Panizza schrieb später darüber.
Schreiben als Therapie gegen die eigene psychische Labilität
Panizza hatte allerdings ein angespanntes Verhältnis zu von Gudden. Außerdem war seine Gesundheit angeschlagen. Deshalb gab er 1884 die Stelle als Stationsarzt in der Psychiatrie auf. Für kurze Zeit ließ er sich als praktischer Arzt nieder.
Aber inzwischen litt er an starken Depressionen und der Furcht, wahnsinnig zu werden. Bald beendete Panizza seine medizinische Karriere und konzentrierte sich ganz auf das Schreiben, auch als Therapie gegen seine psychische Labilität. Seine Werke sind häufig autobiografisch geprägt.
Oskar Panizza, der auch schon früh eine Gehbehinderung hatte, war sein Leben lang psychisch labil. Er litt an Depressionen und später zunehmend an Paranoia und Halluzinationen. Er selbst führte das eine Zeit lang auf seine Syphilis zurück. Aber die psychischen Probleme sind sicher älter.
Und es gibt offenbar auch eine genetische Komponente: Auch seine Mutter und Geschwister waren psychisch krank.
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