Für ein qualitätsgesichertes Impfstoffmanagement müssen Praxisleitung und Praxisteam Standardabläufe zu fünf Kernthemen festlegen: Kühlkette, Ausrüstung (Kühlschrank und Thermometer), Lagerung, Monitoring und Personal.
Kühlkette
Impfstoffe sind empfindliche biologische Produkte. Sie müssen vor allem vor Frost, Erwärmung und Licht geschützt werden; vorgegebene Temperaturen sind zu beachten. Unter “Kühlkette einhalten” versteht man die dauerhafte Aufrechterhaltung der optimalen Temperatur während des Transports, der Lagerung und des Umgangs mit Impfstoffen in der Praxis.
Die Kühlkette beginnt beim Hersteller und endet mit der Bereitstellung des Impfstoffs für den Patienten. Für die Praxis gilt für Impfstoffe ein Zielbereich von +2°C bis +8°C. Streben Sie eine Temperatur von +5°C an, damit dieser Zielbereich auch bei leichten Schwankungen eingehalten wird. Überprüfen Sie die Temperatur im Impfkühlschrank täglich.
Impfstoffe, die versehentlich falsch gelagert oder eingefroren wurden, dürfen nur noch in Absprache mit dem Hersteller verwendet werden; ggf. müssen sie verworfen werden. Gefrieren kann zu Haarrissen in den Ampullen führen.
Diese sind für das menschliche Auge nicht unbedingt sichtbar, ermöglichen jedoch das Eindringen von Keimen. Dadurch steigt die Infektionsgefahr. Angefrorene oder tiefgefrorene Adsorbatimpfstoffe sind schlechter verträglich und können zu eitrigen Entzündungen oder Spritzenabszessen führen.
Ausrüstung
Die Verwendung von geeigneten Kühlschränken und Thermometern ist notwendig.
Empfohlen sind sogenannte Medikamentenkühlschränke, da diese die Temperatur besonders konstant halten können. Haushaltskühlschränke dürfen Sie nur verwenden, wenn sie kein innenliegendes Eisfach haben und Temperatureinstellungen im gewünschten Bereich ermöglichen (+2°C bis +8°C); zudem müssen Gemüsefächer und Türfächer entfernt werden.
Viele Haushaltskühlschränke haben verschiedene Temperaturzonen für die Lagerung verschiedenartiger Lebensmittel. Zur Lagerung von Impfstoffen dürfen Sie den Kühlschrank erst verwenden, nachdem er an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen den erforderlichen Zielbereich von +2°C bis +8°C erreicht hat.
Zur Erfassung der Temperatur eignen sich ein Thermometer, dass die Minimal- und Maximaltemperatur anzeigt, oder ein Thermometer-Datenlogger, der die Temperatur fortlaufend misst. Datenlogger zeichnen die Temperaturen dauerhaft in festgelegten Intervallen zum Beispiel alle 5 bis 30 Minuten auf.
Geeignete Thermometer müssen folgende Eigenschaften aufweisen: elektronische Messtechnik, Genauigkeit von ±0,5°C, kalibriert, Luft-Temperaturfühler. Gewöhnliche Thermometer messen nur die Innenlufttemperatur des Kühlschranks.
Um die Impfstofftemperatur genau zu bestimmen, kann man ein Thermometer mit einem Temperaturfühler verwenden, der in Glykol-Flüssigkeit steckt. Diese bildet die Temperatur in der Impfstoffampulle ab. Nicht akzeptabel sind Alkohol- oder Quecksilberthermometer, Bimetallthermometer sowie Infrarotthermometer. Das Thermometer bzw. die Temperaturfühler sollen in der Mitte des Kühlschranks platziert werden.
Lagerung und Bestandsaufnahme
Impfstoffe werden immer in der Originalverpackung aufbewahrt. Empfohlen sind beschriftete Behälter, wobei der Impfstoff mit dem früheren Verfallsdatum vorne aufbewahrt wird. Um Fehler zu vermeiden, sollten Sie Impfstoffe mit ähnlichen Namen in verschiedenen Behältern aufbewahren.
Nehmen Sie Lieferungen von Impfstoffen nur dann an, wenn die Impfstoffe in Kühlverpackungen transportiert werden und die Originalverpackungen unbeschädigt sind. Lagern Sie gelieferte Impfstoffe sofort im Kühlschrank.
Oft wird die notwendige Impfstoffmenge überschätzt. Eine Inventarliste, Impfsoftware oder Statistik zur Anzahl der Impfungen der letzten Wochen/Monate sind hilfreich. Es ist empfehlenswert, regelmäßig (zum Beispiel monatlich) eine Verfallsüberprüfung durchzuführen und zu dokumentieren.
Monitoring
Die Lagertemperatur sollten Sie regelmäßig überprüfen – am besten morgens und abends, aber mindestens einmal täglich. Dokumentieren Sie die Temperatur und bewahren Sie die Temperaturprotokolle für drei Jahre auf. Bei der Nutzung von Min-Max-Thermometern müssen Sie nach dem Ablesen den Reset-Knopf benutzen.
Die Temperatur in Kühlschränken kann schwanken, in Haushaltskühlschränken zum Teil um mehrere Grad Celsius an einem Tag. Daher ist es notwendig, das Kühlverhalten des Praxiskühlschranks zu kennen. Bei Abweichungen wird die Temperatur meist kleinschrittig angepasst. Dabei ist +5 °C anzustreben, um den größtmöglichen Sicherheitsabstand nach oben und unten zu gewährleisten.
Bevor Sie eine erneute Anpassung vornehmen, muss sich die Temperatur im Kühlschrank über einen halben bis einen Tag stabilisieren. Halten Sie jede Änderung im Temperatur-Logbuch fest.
Kontaktieren Sie umgehend den Hersteller oder das Paul-Ehrlich-Institut, wenn Impfstoffe außerhalb des Zielbereichs gelagert wurden. Diese informieren betroffene Praxen zum Vorgehen.
Personal und Verantwortlichkeiten
Mit der Durchführung des Impfstoffmanagements sind mindestens ein Arzt/eine Ärztin und ein oder zwei MFA zu beauftragen. Zu den Routineaufgaben dieser Personen gehören die Bestandskontrolle und Bestellung der Impfstoffe, die Schulung der übrigen Mitarbeitenden sowie das Monitoring von Routine- und Notfallabläufen.
Besonders wichtig ist die tägliche Überwachung der Temperatur mit definierten Maßnahmen bei Temperaturschwankungen. Die Impfbeauftragten sollten regelmäßig geschult werden; hierfür können Sie zum Beispiel das kostenfreie Lernprogramm KeepCoool nutzen (s. CME-Info).
Literatur:
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