Der Arbeitsalltag in der Hausarztpraxis wird immer digitaler. Was bedeutet das für die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV)?
Eines der Hauptziele der HZV ist es ja, Bürokratie zu verringern und dem Arzt damit mehr Freiraum zu verschaffen für die Patientenversorgung. Die Digitalisierung kann hier deutliche Akzente setzen, die wir bei der Weiterentwicklung gezielt im Blick haben.
Einerseits wollen wir die Bürokratie beim Einschreibungsprozess verringern. Dazu laufen bereits Pilotprojekte in Nordrhein und Westfalen-Lippe: Hier kann die Teilnehmer-Erklärung schon online und vollkommen papierlos stattfinden.
Andererseits entwickeln wir das weiter, was ich gerne HZV-Cockpit nenne: Der Arzt soll auf einen Blick alles für ihn Relevante sehen können. Dazu zählt auch die Aktualisierung des Teilnehmerverzeichnisses: Das wird bisher manuell gemacht und bedeutet viel Arbeit für die MFA. Nächstes Jahr soll eine Automatisierung live gehen.
Warum ist es so wichtig, die fortschreitende Digitalisierung einzubeziehen?
Wir richten uns in erster Linie an Ärzte und MFA. Ihr Privatleben ist heute vielfach digitalisiert – das fängt doch schon beim Online-Banking an. An dieser Entwicklung müssen wir dranbleiben, auch um politisch relevant zu bleiben. Denn nicht zuletzt können wir mit der Weiterentwicklung der HZV dafür sorgen, dass digitale Innovationen schnell in der Versorgung ankommen.
Die HZV war in der Vergangenheit ja immer wieder Innovationsmotor für den Kollektivvertrag. Wie ist das auch beim Thema Digitalisierung möglich?
Was uns unterscheidet, ist die Nähe zum Arzt. Für die Entwicklung unseres Online-Abrechnungstools Geniocare etwa (Hausarzt 5) sammeln wir gezielt Feedback der Ärzte. Das wird immer wichtiger. Telemedizin ist auch im Kollektivvertrag ein wichtiges Thema, doch die Ideen kommen oft aus der Klinik und scheitern dann im Praxisalltag. Da sind wir näher dran, das werden wir pragmatisch angehen.
Welche großen Trends sind für die kommenden Jahre zu identifizieren?
Das sind vor allem zwei: einerseits den Anrufbeantworter entlasten, über den im Praxisalltag heute noch sehr viel läuft. Dieser kann durch moderne Kommunikationstools, etwa in Chatform, zu einem bedeutenden Teil substituiert werden.
Darüber hinaus geht es um Verordnungen in jeder Form: Wiederholungsrezepte etwa oder die AU-Bescheinigung. Bislang sind viele Ideen an der zerklüfteten IT-Landschaft gescheitert – was übrigens nicht nur für das Gesundheitswesen gilt –, und gleichzeitig kommen bisherige Kommunikationsmittel wie das Fax durch die All-IP-Umstellung an ihre Grenze. Auch hier werden Apps zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Daran arbeiten wir.
Abschließend noch ein Blick in die Zukunft: Wie wird die Arbeit in der Hausarztpraxis in zehn Jahren aussehen?
In fünf bis zehn Jahren wird es Standard sein, dass das Praxisverwaltungssystem in eine Cloud gewandert ist. Ich sehe eine Art “Praxis to go”, in der Ärzte und VERAH® ergänzend zum AIS in der Praxis vernetzt miteinander agieren – unabhängig davon, ob sie gerade in der Praxis oder auf Hausbesuch sind. Die entsprechende Konnektivität und der Breitbandausbau sind dafür maßgebliche Voraussetzungen.