Adipositas und HFpEFAuch körperliche Leistungsfähigkeit verbessern
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11. Nov. 2025
Für Betroffene mit Adipositas und Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) kann der Glucagon-like Peptide (GLP) -1-Rezeptor-Agonist (GLP-1RA) Semaglutid [1] über die Gewichtsabnahme hinausgehende gesundheitliche Vorteile bieten. HFpEF-Symptome und körperliche Beeinträchtigungen gingen in der Adipositastherapie mit Semaglutid 2,4 mg deutlich zurück; körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität nahmen signifikant zu, wie Studien zeigen [2].
Die chronische Stoffwechselerkrankung Adipositas weist auch in Deutschland eine hohe Prävalenz auf; 19% der Bevölkerung sind betroffen [3]. Je höher der Body Mass Index (BMI), umso höher ist das Risiko für kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse wie koronare Herzerkrankung (KHK), Herzinsuffizienz oder Schlaganfall [4].
Daher soll die Behandlung der Adipositas nicht nur auf eine effektive und anhaltende Gewichtsreduktion abzielen, sondern auch auf die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der Lebensqualität [5].
Adipositastherapie – mehr als Gewichtsabnahme
Für den GLP-1RA Semaglutid 2,4 mg (Wegovy®) war die effektive Gewichtsabnahme bereits in der STEP-5 Studie gezeigt worden: 1 von 3 Betroffenen erreichte eine Gewichtsabnahme um ≥ 20% [6].
In der Phase 3-Studie SELECT, die 17.604 Menschen mit Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m2) oder mit Übergewicht (BMI ≥ 27 kg/m2) mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung, aber keinem Diabetes mellitus Typ 2 umfasste, konnten dann Effekte auf kardiovaskuläre Ereignisse gezeigt werden.
Die relative Risikoreduktion für den zusammengesetzten Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, nicht-tödlichem Myokardinfarkt und nicht-tödlichem Schlaganfall betrug 20%, wenn Betroffene mit Semaglutid 2,4 mg statt Placebo – jeweils zusätzlich zur Standardtherapie – behandelt worden waren [7].
Die Reduktion des kardiovaskulären Risikos unter Semaglutid 2,4 mg scheint weitestgehend unabhängig vom Ausmaß der Gewichtsreduktion zu sein, wie eine Mediationsanalyse ergab. Danach war die Gewichtsabnahme nur für rund 20% der Risikoreduktion verantwortlich* [8].
Der GLP-1RA wurde auf Basis dieser Ergebnisse inzwischen als medikamentöse Therapieoption in die S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) aufgenommen [3] und wird auch in der Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) zur Reduktion von CV-Ereignissen bei Menschen mit Adipositas und kardiovaskulärer Vorerkrankung genannt [9].
Adipositas als Treiber der HFpEF?
Global leiden mehr als 64 Mio. Menschen unter einer Herzinsuffizienz [10], gut die Hälfte davon an einer HFpEF [11], der heute häufigsten Form der Herzinsuffizienz [12]. Sie geht mit zahlreichen Symptomen wie eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und hoher Sterblichkeit einher [13]. Mehr als 80% der Menschen mit HFpEF weisen eine Adipositas oder Übergewicht auf [14], [15].
Dabei können auch metabolische Veränderungen in der Pathogenese der HFpEF eine entscheidende Rolle spielen. Das Verständnis der Pathogenese der HFpEF entwickelte sich parallel zur Evolution der metabolischen Veränderungen bei Übergewicht und Adipositas und letztlich der Entwicklung der modernen Antidiabetika, darauf verwies Prof. Carolyn Lam vom National Heart Center Singapur, beim ESC-Kongress in Madrid.
Nach heutigem Verständnis führt das exzessive Körperfett nicht nur zu einem veränderten metabolischen Profil mit Entzündungen, Hyperglykämie und Insulinresistenz sowie einem Anstieg traditioneller kardiovaskulärer Risikofaktoren (Dyslipidämie, systolische Hypertonie und Diabetes mellitus Typ 2), sondern u.a. auch zu einer Beeinträchtigung der Funktion von Skelettmuskulatur und Herzmuskel.
Vermehrtes intraabdominales Fett ist bei der HFpEF zudem ein starker unabhängiger Risikofaktor der reduzierten körperlichen Funktion [16], [17]. Dies betonte auch Prof. Maja Cikes, Abteilung für Kardiovaskuläre Erkrankungen, Universitätsklinik Zagreb, Kroatien.
Derzeit gibt es keine generell akzeptierte Methode zur Phänotypisierung von HFpEF-Patientinnen und -Patienten. Aus aktuellen Studien ist jedoch bekannt, dass die zentrale Adipositas ein fast allgegenwärtiges Kennzeichen der Menschen mit HFpEF ist. 96% der in die PARAGON-HF-Studie Aufgenommenen wiesen ein Taille-zu-Größe-Verhältnis von ≥ 5 auf [18].
Semaglutid bei Adipositas-assoziierter HFpEF
Evidenz für den Einsatz von Semaglutid 2,4 mg in der Behandlung der Adipositas-assoziierten HFpEF stammt u.a. aus der randomisierten, doppelblinden Phase III-Studie STEP-HFpEF [2], über die Prof. Dr. Justin Ezekowitz, Medizinische Fakultät und Mazankowski Alberta Heart Institute der Universität Alberta, Edmonton, Kanada, berichtete.
Wichtige Herausforderungen bei Adipositas-assoziierter HFpEF sind laut Cikes u.a. die Tatsache, dass die Adipositas HFpEF-Symptome maskieren und das Assessment der körperlichen Funktion erschweren kann [19], [20] und dass häufig multiple Komorbiditäten vorliegen.
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